„Ist dir nicht auch kalt?“, fragte sie und zog die Schultern hoch. „Es zieht hier irgendwie.“ Jakob lachte nur und schloss die Fenster, doch der kalte Hauch schien von irgendwo anders herzukommen.
In der ersten Nacht wachte Emma gegen drei Uhr morgens auf. Das Haus war still, aber sie hörte ein leises Flüstern. Zuerst dachte sie, es sei der Wind, der durch die Bäume pfiff, doch dann wurde das Flüstern deutlicher. Es klang, als käme es von draußen, direkt vor ihrem Fenster. Vorsichtig schlich sie zum Fenster und spähte hinaus. Der Mond war von dicken Wolken verdeckt, doch sie meinte, eine Gestalt am Waldrand zu sehen. Schnell zog sie die Vorhänge zu und kroch zitternd zurück ins Bett.
„Jakob, wach auf! Da ist jemand draußen!“, flüsterte sie und schüttelte ihn. Müde öffnete er die Augen und sah sie verwirrt an. „Was redest du da? Es ist doch mitten in der Nacht.“ Doch Emma bestand darauf, dass sie etwas gesehen hatte. Um sie zu beruhigen, stand Jakob auf und ging zum Fenster, sah hinaus, doch es war niemand zu sehen. „Da ist niemand. Du hast bestimmt nur geträumt.“
Doch Emma konnte in dieser Nacht nicht mehr schlafen. Am nächsten Morgen war die Welt wieder in Ordnung – zumindest schien es so. Die Sonne schien durch die herbstlichen Bäume, und die beiden beschlossen, einen Spaziergang durch den Wald zu machen. Die Wälder in Skåne län waren bekannt für ihre Schönheit, aber auch für ihre Abgeschiedenheit. Es war leicht, sich in den dichten Bäumen zu verlieren, und genau das passierte.
Nach einigen Stunden des Wanderns bemerkten sie, dass sie den Weg zurück zum Haus verloren hatten. Die Sonne begann bereits zu sinken, und die Schatten der Bäume wurden länger. Emma begann, panisch zu werden. „Wir müssen zurück, bevor es dunkel wird“, drängte sie, doch Jakob war gelassen. „Wir finden schon den Weg“, sagte er und ging weiter.
Als die Dunkelheit einbrach, wurde der Wald plötzlich unheimlich still. Kein Rascheln, kein Zwitschern der Vögel – nur eine unheimliche Stille. Plötzlich hörten sie es wieder: das Flüstern. Diesmal war es lauter, näher. „Hast du das gehört?“, fragte Emma mit angstgeweiteten Augen. Jakob nickte stumm. Sie konnten nicht genau verstehen, was die Stimme sagte, aber sie fühlten, dass sie nicht allein waren.
Plötzlich tauchte eine Gestalt zwischen den Bäumen auf. Sie war in einen langen, schwarzen Umhang gehüllt, das Gesicht von der Kapuze verdeckt. Jakob stellte sich schützend vor Emma, doch die Gestalt machte keine Anstalten, näher zu kommen. Stattdessen hob sie langsam die Hand und deutete in eine Richtung. „Folgt mir“, flüsterte die Stimme.
Ohne eine andere Wahl zu haben, folgten sie der Gestalt durch den finsteren Wald. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie eine Lichtung, und dort, am Rande des Waldes, stand ihr Ferienhaus. Als sie sich umdrehten, war die Gestalt verschwunden.
Zurück im Haus schlossen sie alle Türen und Fenster ab und verbrachten den Rest der Nacht in angespannten Schweigen. Am nächsten Morgen beschlossen sie, Skåne län so schnell wie möglich zu verlassen. Auf dem Weg zurück ins Dorf erzählte eine ältere Frau im Supermarkt ihnen eine Legende. Es hieß, dass die Wälder in dieser Gegend von einem Geist heimgesucht wurden – einem alten Hüter der Wälder, der verlorene Wanderer in die Irre führte, wenn sie nicht den Respekt vor der Natur bewahrten. Doch diejenigen, die reinherzigen Mutes waren, führte er sicher zurück.
Emma und Jakob wussten nicht, was sie von der Geschichte halten sollten, doch eines stand fest: Skåne län würden sie nie vergessen. Auch wenn das Erlebnis sie bis ins Mark erschüttert hatte, fühlten sie sich seltsam verbunden mit dem Ort – als hätten sie dort eine Prüfung bestanden. Am Ende verließen sie die Region sicher, dank eines Schutzes, der vielleicht mehr mit dem Respekt vor der Natur zu tun hatte, als sie je ahnen konnten.
Von da an wurde jeder Herbst ein bisschen magisch, wenn sie an Skåne län dachten – der Ort, an dem sie das Fürchten und das Vertrauen gelernt hatten.